Angst vor Terror und Covid

Sehr geehrte Damen und Herren!

    Was erwartet Sie?
  1. aktuell Situationen, die Angst erzeugen
  2. Was ist und wie entsteht Angst, somatisch-psychisch
  3. Was kann ich tun um mit meiner Angst besser umzugehen

Wir sind in den letzten Monaten unmittelbar von der Covid-Panedmie bzw. deren Bekämpfung betroffen. Am Samstag hat die Regierung die neuen Verordnungen veröffentlicht, die ein strengeres Vorgehen, ähnlich dem im früher im Jahr, vorsehen. Grund dafür sind die hohen Erkrankungszahlen und die noch höheren Infektionszahlen. Die Appelle an die Solidarität und damit an die Freiwilligkeit sind manxhmal ungehört vergangen. Wenn wir durch die Strassen und Parks gehen konnten wir sehen, dass immer noch Gruppen von Menschen an bestimmten Plätzen beisammenstehen und vorwiegend mit Hilfe von Alkohol die Situation insoferne meistern als sie sie ignorieren und die Massnahmen damit aktiv torpetieren.

Als zweites besonders erschreckendes Ereignis hat uns der Anschlag auf dem Schwedenplatz ereilt. Dabei sind Menschen gestorben. Viele von uns waren am oder in der Nähe des Anschlagsortes, die meisten allerdings haben davon aus den Medien erfahren.

Wie sollen wir in der aktuellen Situation mit uns umgehen? Der Ausdruck aktuelle Situation bezieht sich worauf? Einerseits auf die Pandemie/Covid 19 und andererseits auf den Terrorakt in Wien und damit auch auf die Anschläge in Frankreich und Deutschland.
Aber dazu gehören auch die Berichte und Meinungen, die auf uns zukommen. Oft widersprechen diese einander oder sie sind vage und unklar.

Wichtig: In diesem Vortrag geht es NICHT um die Massnahmen, Vorbeugung oder Strafverfolgung. Es geht nicht um Kritik oder um Meinungen zu den Vorgängen. Es geht darum, wie wir persönlich mit den erschreckenden Ereignissen umgehen können um deren negative psychischen Folgen besser aufarbeiten zu können.

Die zentrale Frage unseres Abends ist also: Wie kann ich persönlich mit meiner Angst und der Angst meiner Angehörigen, Verwandten, Freunde und Kollegen umgehen?

    Dabei kommt auch die Frage ins Spiel, wovor wir uns ängstigen. Wir müssen hier eine Fallunterscheidung vornehmen.
    In jeden Fall wirken psychophysische Mechanismen!, die wir etwas später besprechen werden.
  1. Covid: Wir sind unmittelbar betroffen, oder könnten es sein. Es steht unsere Gesundheit und damit unser Leben auf dem Spiel. Doch wieviele von uns waren tatsächlich krank? Wieviele Menschen, die krank waren, kennen wir persönlich?
  2. Schwedenplatz: Die wenigsten ÖsterreicherInnen waren dabei. Es sind Menschen gestorben. Wir kennen vielleicht einige, die in unmittelbarer Umgebung des Anschlags waren und dazu kommen noch diejenigen, die in Lokalen im Ersten oder in angrenzenden Bezirken so lange aufgehalten wurden bis die Situation geklärt werden konnte.
  3. In beiden Fällen trifft zu, dass die Mehrheit die Informationen ausschliesslich aus den Medien erhalten haben.
    Hier ist angebracht zwischen mindestens zwei Formen von Angst zu unterscheiden:
  1. Angst in Situationen, auf die ich - wie auch immer - reagieren kann UND die Reaktion hat einen Einfluss auf die Entwicklung der Situation.
    Beispiel: Ein Räuber bedroht mich mit der Pistole in der Hand. Ich kann nun entsprechend reagieren. Meine Reaktion - wie auch diejenige des Räubers - wird die Situation auflösen.
  2. Angst, die sich zwar auf die Situation zu beziehen scheint, doch ich kann nicht so reagieren, dass sie dies auf die Situation auswirkt.

Die beiden Szenarien unterscheiden sich grundlegend. Egal wie es ausgeht, in einem kann ich etwas zielführendes tun, im anderen kann ich nichts dazu tun, die Situation aufzulösen. In beiden Szenarien ist meine Angst aber unbestritten.

Kann ich die Situation auflösen, dann wird sich die Angst verflüchtigen, ich kann sie annehmen und bleibende Schäden sind eher nicht zu erwarten.

Angst entsteht, wenn wir etwas als bedrohlich erfahren. Wir wollen/müssen reagieren. Ist die Reaktion erfolgt und die Situation gelöst, dann verschwinden die physischen wie auch die aktuellen psychischen Erscheinungen. Das bedeutet nicht - siehe Räuber - dass alles "gut ausgeht" oder "gut wird"!

Kann die Situation nicht gelöst werden dann werden wir sozusagen stecken bleiben und zwar in der Reaktion, die diese ausgelöst hat. Die Folge ist, dass die Angst sich etabliert und wir keinen Ausweg aus ihr finden.

Was aber ist die Angst?
Um mit dem Geschilderten gut umgehen zu können, schauen wir uns nun die entsprechenden Vorgänge etwas genauer an.

Diese Reaktionen entstehen, nachdem unsere Sinnesorgane und unser Gehirn eine Bewertung der Situation via Hippocampus, präfrontalem Cortex und schliesslich Amygdala ausgewertet hat.

Dann wird über Nebennierenrinde und andere Organe der Parasympathikus aktiviert, der die obigen Fluchtreaktionen auslöst.

Diese physischen Reaktionen werden von psychischen begleitet. Das ist zum Teil davon abhängig welcher Charaktertypus ich bin.

    Auf jeden Fall werde ich eventuell
  1. versuchen zu fliehen, die Situation zu meiden
  2. versuchen die Situation zu bewältigen
  3. aggressiv reagieren
  4. gelähmt versuchen mich tot-zu-stellen

Versuchen wir ein Szenarion: Etwas bedroht mich akut!, dann werde ich vielleicht als erste Reaktion versuchen davon zu laufen um der Situation zu entkommen.
Beispiel: Ich höre von Covid und kann nichts machen, weder Flucht noch Kampf ist mir möglich. Ich werde aktiv und habe eine starke Tendenz dazu, das alles zu ignorieren, zu bezweifeln und schliesslich zu leugen.

Kann ich nicht entkommen, dann suche ich aktiv zu sein. Etwas dagegen zu tun.
Beispiel: Anschlag wird bekannt. Ein Freund, der nicht dabei war, macht sich quasi sofort auf etwas in Verbindung mit den Hintergründen des Ereignisses zu organisieren. Er geht die Sache an. Ist aktiv. Damit ist die Angst zwar nicht gebannt, doch er braucht sie nicht mehr zu fühlen.

Gelingt dies nicht, dann kann ich Hassgefühle entwickeln. Ich möchte, was mich bedroht zerstören.
Beispiel: Eine Patientin kann weder fliehen noch ankämpfen, er entwickelt die wildesten Hassphantasien als er vom Anschlag hört.

Gelingt auch das nicht, dann werde ich vielleicht in eine Lähmung verfallen und alles über mich ergehen lassen ohne eine Reaktion zu zeigen.
Beispiel: Ein Patient gibt die Welt auf, kann sich nicht vorstellen, dass irgendjemand etwas gegen dies oder das machen kann. Er ist wie gelähmt und völlig resigniert.

Wir alle sind in unseren Reaktionen gefangen! Wir sind eingeschränkt, denn jede Argumentation führt quasi zwangsläufig auf immer die gleiche Lösungsschiene. Eine/r wird immer beim Leugnen bleiben, eine andere wird kämpfen wollen und so weiter. An der jeweiligen persönlichen aber auch gesamtgesellschaftlichen Situation wird und kann sich so nichts ändern.

Der dritte Punkt: Was kann ich tun? Muss das so bleiben? Nein!, denn wir, die PsychotherapeutInnen, PsychologInnen, Psychiater haben Techniken entwickelt, die uns den Umgang mit der Angst und beängstigenden Situationen erleichtern oder überhaupt ermöglichen.

Dazu können wir

  1. Das Erste, das wir tun können, ist, Nicht jede Nachricht über Covid/Terror zuzulassen. Wir tendieren dazu unserer Neugierde nachzugeben und folgen den News - manche Menschen durchaus - im Minutentakt. Da nun nur die Nachricht eine gute ist, die eine schlechte Nachricht ist muss sich etwas verschlechtern. Positive Nachrichten kommen kaum mehr durch, das verstärkt die Ängste und Gefühle von Bedrängnis. Hier ist eine Beschränkung empfohlen. Ich persönlich informiere mich einmal am Tag. Das hat mir viele Befürchtungen erspart und meine Angst reduziert.
  2. Versuchen unsere Gedanken und unsere Gefühle vom Zentrum der Angst wegzuführen. Kontakte zu lieben Menschen zu pflegen. Schöne Dinge zu tun, Musik zu hören, etwas zu basteln oder Spaziergänge sind probate Mittel um die Angst wieder etwas in den Hintergrund rücken zu lassen.
  3. Wie wir gesehen haben liegen viele Reaktionen im Unbewussten. Die Angst hat uns! Nun können wir versuchen die schon erwähnte realistische Beziehung zu Umwelt wieder herzustellen. Dies gelingt
      indem wir uns fragen:
    1. Was ist der Fall?
    2. Was fühlen wir wirklich?
    3. Was wollen wir tun?
    4. Wovor fürchten wir uns denn wirklich?
    5. Kann ich meine Reaktion verstehen?
    6. Kann ich die Situation verstehen?
    7. Was sage ich jetzt, nach diesen Überlegungen, zu meiner Lage?
    8. Wie stehe ich dazu, was ist meine Haltung?
    9. Was kann ich tun, was will ich davon tun?

    Dann kommen wir durch diese Fragen und deren Antworten allmählich in eine etwas objektivere Beziehung zu den Ereignissen. Wir distanzieren uns und erleben uns zugleich auch als aktivere Personen.

    Wir können leichter mit den angsterregenden Problemen umgehen und vielleicht Wege finden, wie wir sie - sowohl Angst als auch Probleme - für uns lösen können.

Beispiel-Covid: Ich, der vorerst eher gezweifelt hat, dass das alles so stimmt, bin diese Liste mehrmals durchgegangen und bin mir meiner Angst richtig bewusst geworden. Dies war unangenehm, denn wegen des Leugnens musste ich sie ja nicht spüren. Doch schliesslich ist es mir gelungen regelmässig eine Maske aufzusetzen und auch die übrigen Massnahmen einigermassen zu befolgen. Zugleich bin ich auch zuversichtlicher geworden, denn zuvor hatte ich diese Möglichkeit ja gar nicht.

Beispiel-Anschlag: Vorerst Zorn und Hass als vorherrschende Gefühle. Dann aber hat sich eine andere Einstellung gebildet, die mir die eigentliche ist. Ich bin nun bereit mit Menschen, die gewissse Probleme mit unserer Gesellschaftsfrom haben auf Augenhöhe zu reden und auch hier zuversichtlich die Problem im Laufe langer Zeit lösen zu können. UND fühle mich wieder wohler in meiner Haut. Das macht mein Mitgefühl für die Opfer jeweils nicht geringer! Ja, es ist mir jetzt viel leichter mich mit ihnen zu solidarisieren, weil ich nichts mehr verdrängen muss, sondern nachfühlen kann, was sie so oder so auch empfinden.

So kann sich der gerechte Umgang mit meiner Angst schliesslich auch auf die Gesamtgesellschaft positiv auswirken.

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Bei Fragen und Antworten bitte kontaktieren Sie mich gerne.